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          Environmental Impact

          Wasserstoff: Viel Hoffnung, wenig Substanz

          30 August 2024

          8 Min Read

          Wichtigste Erkenntnisse

          Wasserstoffprojekte werden aufgrund von wirtschaftlichen Herausforderungen und mangelnder Effizienz neu bewertet.

          Es bestehen jedoch beträchtliche Möglichkeiten für die Umstellung der industriellen Wasserstoffproduktion auf sauberere Methoden, die durch umfangreiche Subventionen und eine etablierte Infrastruktur unterstützt werden.

          Investitionen in diese umweltfreundlicheren Wasserstofftechnologien könnten von der Umstellung auf nachhaltigere Energielösungen profitieren.

          Ausgewählter Artikel

          Die Nachrichten über die Absage oder Verzögerung von Wasserstoffprojekten haben einen neuen Höchststand erreicht. Politiker und Ölkonzerne preisen den grünen Wasserstoff weiterhin als alleinige Lösung für die Klimakrise an. Während Wasserstoff oft als die ultimative Lösung angepriesen wird, zeigen unsere Recherchen, dass reale Anwendungen heute leider nur selten zu finden sind. Dies wirft die Frage nach ihrer derzeitigen Investitionsfähigkeit auf.

          Bei der Zusammenarbeit mit unseren Partnern bei ARK Invest Europe zur Schaffung des Rize Environmental Impact 100 UCITS ETF und des Rize USA Environmental Impact UCITS ETF wurde beschlossen, einen sehr pragmatischen Ansatz zur Bewertung von Unternehmen zu wählen, der in unserer Thematischen Klassifizierung beschrieben ist. So wurde ein Wirtschaftlichkeitsfaktor eingebaut, der jedes potenziell in Frage kommende Unternehmen bewertet. Die Kriterien hierfür waren die zugrunde liegende Technologie, die vorgeschlagenen Umweltlösung, die Fähigkeit zur Skalierung und zur Übernahme eines Anteils an einem wachsenden Markt sowie das Potenzial für Umweltauswirkungen.

          In diesem Artikel werden die wirtschaftliche Tragfähigkeit von Wasserstoff als Energiequelle erläutert, das Investitionspotenzial wasserstoffbezogener Technologien kritisch analysiert und Einblicke gegeben, wie nachhaltige Investoren die Komplexität der Wasserstoffwirtschaft durchschauen können, um fundierte Entscheidungen zu treffen.

          Auseinandersetzung mit der Wasserstoffwirtschaft

          Anfang dieses Monats gab es schlechte Nachrichten für die Befürworter des populären Konzepts der „Wasserstoffwirtschaft“. Eines der Vorzeige-Wasserstoffprojekte von Präsident Joe Biden, das 6 Milliarden Dollar teure Appalachian Regional Clean Hydrogen Hub (ARCH2), wurde wegen seiner unrealistischen ökonomischen Vorstellungen und des starken Widerstands der Bevölkerung sowie eines weiteren kleinen Hindernisses in Frage gestellt: der physikalischen Grundlagen.1

          Das Scheitern einer Vielzahl von Wasserstoffprojekten wird immer häufiger. Inzwischen gibt es Beispiele in allen Bereichen, vom Verkehr2 über die Industrie3, bis hin zu Energie4 und Heizung5.

          Hydrogen hype vs economics and physics reality

          Viele der Investmentfonds für Umweltauswirkungen und erneuerbare Energien, die den Anlegern heute zur Verfügung stehen, sind mit verschiedenen Playern aus der Wasserstoffwirtschaft gefüllt. Dies ist in erster Linie auf die theoretischen Versprechungen zurückzuführen, die von den Interessensvertretern der Branche gemacht werden. In Wirklichkeit sind die Versprechen der Wasserstoffwirtschaft schwer in die Tat umzusetzen. So macht beispielsweise die geringe Energiedichte von Wasserstoff, sowohl bezogen auf das Volumen als auch auf das Gewicht, die Speicherung und den Transport im Vergleich zu anderen Energiequellen äußerst ineffizient und kostspielig. Darüber hinaus ist grüner Wasserstoff, der durch Elektrolyse aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, nach wie vor unerschwinglich, was vor allem an den Kosten für die eingesetzte Elektrizität, aber auch an den explodierenden Kosten für Iridium liegt.

          Auf den Spuren des Wasserstoff-Hypes

          Die Klimakrise wird oft als ein komplexes Problem beschrieben, bei dem verschiedene Elemente miteinander verwoben sind, darunter wirtschaftliche, ökologische, politische und soziale Dynamiken, für die es keine einfachen Lösungen gibt. Jede Klimamaßnahme führt außerdem oft zu unvorhergesehenen und/oder unbeabsichtigten Folgen und Kompromissen. Wenn also eine offensichtlich einfache Lösung präsentiert wird, wie etwa ein „Übergang zur Wasserstoffwirtschaft“, wollen die Menschen daran glauben und sich dem Hype anschließen.

          Diese Versprechen werden dann von mächtigen Personen mit einer großen Zuhörerschaft verstärkt: Politiker und die weltweit größten und einflussreichsten multinationalen Ölkonzerne – kurz „Big Oil“. Für beide Gruppen ermöglicht das Bild einer idyllischen Wasserstoffwirtschaft, reale und schwierige Umstellungsentscheidungen aufzuschieben. Unternehmen aus dem Bereich der fossilen Brennstoffe gehören zu den wichtigsten Lobbyisten für die Wasserstoffwirtschaft und übertreffen die Unternehmen aus allen anderen Branchen, einschließlich der erneuerbaren Energien!6 Schauen Sie nicht auf die Rhetorik, sondern das Geld dahinter.

          Außerdem versteht niemand die Energietechnologie besser als die Unternehmen für fossile Brennstoffe. Sie stehen seit Jahrzehnten an der Spitze des Energiesektors und haben erhebliche Investitionen in dessen Entwicklung getätigt. Ihre Position als oberste Befürworter der Wasserstoffwirtschaft sollte Fragen über ihre Aufrichtigkeit und die wirtschaftliche Tragfähigkeit der zugrunde liegenden Umwelttechnologie aufwerfen.

          Guess who spends the most in hydrogen lobbying

          Mit dem Amtsantritt von Präsident Biden im Jahr 2021 nahm die Lobbyarbeit für Wasserstoff in Erwartung eines umfangreichen Umweltgesetzes, von dem sich die Industrie großzügige Subventionen für verschiedene Umwelttechnologien, darunter auch Wasserstoff, erhoffte, deutlich an Schwung auf. Im August 2022 nahm dieses Gesetz in Form des Inflation Reduction Act Gestalt an, der die größte und großzügigste Wasserstoffsubvention der Welt, den so genannten 45V Credit für Wasserstoff, enthielt.7 Die Lobbyarbeit scheint sich auszuzahlen, denn die Steuerermäßigung gilt auch für den sogenannten blauen Wasserstoff, der mit Hilfe von fossilen Brennstoffen und ein wenig CO2-Abscheidungstechnologie hergestellt wird!8

          Hydrogen storms the capitol: an explosive situation?

          In Europa ist die Situation sehr ähnlich. Eine Studie von LobbyFacts aus dem Jahr 2023 zeigt, dass jedes Jahr mehr als 75 Millionen Euro für die Lobbyarbeit von Wasserstoffunternehmen ausgegeben werden, unter denen die größten Akteure Shell, ExxonMobil, Dow, BASF, TotalEnergies, Equinor, BP und Siemens Energy sind.9

          „Es ist Physik, verdammt“

          Die offensive Förderung einer Umwelttechnologie durch die großen Öl- und Gaskonzerne ist zwar nicht automatisch ein Ausschlusskriterium, sollte aber dennoch zu denken geben und eine genaue Prüfung rechtfertigen. Die primäre Disqualifikation für Wasserstoff ist jedoch einfacher: Thermodynamik.

          Diesbezüglich muss zunächst klargestellt werden, dass Wasserstoff keine Energiequelle ist. Er ist ein Energievektor. Da Wasserstoff in seiner natürlichen Form nicht in ausreichenden Mengen vorkommt, muss er aus Verbindungen wie Wasser (H2O) oder Kohlenwasserstoffen (z.B. Methan, CH4) gewonnen werden. Für die Herstellung von Wasserstoff wird Energie benötigt, in der Regel durch Verfahren wie die Elektrolyse (die grüne Art, bei der Wasser mit Hilfe von Elektrizität gespalten wird – was grün sein kann oder auch nicht) oder durch die Methanreformierung mit Dampf, die graue oder schwarze Art, bei der Methan mit Dampf umgesetzt wird (bei der eine Menge CO2 als Nebenprodukt entsteht). In diesem Sinne dient Wasserstoff als Medium zur Speicherung, zum Transport und zur Nutzung von H2, das aus diesen Primärquellen (Wasser und Methan) stammt.

           

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          Wie effizient ist dieser ganze Prozess? Leider nicht sehr.10 Betrachtet man die gesamte Wasserstoff-Wertschöpfungskette – von der Produktion bis zur Endnutzung – ist der Gesamtwirkungsgrad, ausgedrückt als Anteil der erzeugten Energie am ursprünglichen Energieeinsatz, recht niedrig.11 Wenn man beispielsweise mit Strom aus einer erneuerbaren Quelle beginnt, um Wasserstoff durch Elektrolyse zu erzeugen (70 % Wirkungsgrad), ihn dann für die Speicherung komprimiert (90 % Wirkungsgrad), ihn transportiert (95 % Wirkungsgrad) und ihn schließlich in einer Brennstoffzelle verwendet (60 % Wirkungsgrad), wäre der Gesamtwirkungsgrad folgender:

          0,70 (Elektrolyse) * 0,90 (Kompression) * 0,95 (Transport) * 0,60 (Brennstoffzelle) = 0,36 oder 36%

          Das bedeutet, dass nur 36 Prozent der ursprünglich eingesetzten Energie am Ende in nutzbare Energie umgewandelt werden, während 64 Prozent auf dem Weg dorthin verloren gehen. Auch wenn die Branche optimistisch ist, diese Wirkungsgrade zu verbessern, sind bedeutende Fortschritte wahrscheinlich noch in weiter Ferne. Unabhängig von künftigen Innovationen bleibt eine grundlegende Wahrheit unverändert: Das zweite Gesetzl der Thermodynamik besagt, dass Energieumwandlungen von Natur aus unumkehrbar sind, immer eine gewisse Menge an Abwärme erzeugen und zu Ineffizienzen führen.

          „Ok, ist der Wasserstoffmarkt also uninteressant?“ Nicht so schnell…

          Es gibt die Physik und dann gibt es die Politik. Die Realität ist, dass so viele öffentliche Gelder in die Wasserstoffwirtschaft fließen, dass nicht jedes Projekt zum Scheitern verurteilt sein wird. Es wäre weder das erste noch das letzte Mal, dass Regierungen sich für die teuerste Option entscheiden, um etwas zu erreichen. Unsere Untersuchungen deuten jedoch darauf hin, dass die überwiegende Mehrheit der Wasserstoffanwendungen, die derzeit diskutiert werden, nicht realisiert werden. Zum Beispiel ist Wasserstoff als Transportmittel schwer umsetzbar, selbst für Lastwagen, Züge und Flugzeuge (Biokraftstoffe sind aus wirtschaftlichen und logistischen Gründen sinnvoller).12 Was ist mit Wasserstoff als Wärmequelle? Warum sollten wir Strom verwenden, um ihn auf ineffiziente Weise in Wasserstoff umzuwandeln, zu transportieren, um ihn schließlich auf unwirtschaftliche Weise wieder in eine Energiequelle umzuwandeln? Wenn man den molekularen Mittelsmann ausschaltet, spart man Energie und Kapital.13 Andere Anwendungen, wie die Energiespeicherung, sind mit denselben Ineffizienzen konfrontiert. Darüber hinaus ist der Wettbewerb mit anderen Energiespeichertechnologien groß (Batterien, Pumpspeicherkraftwerke und Druckluftspeicher sind für die Energiespeicherung in großem Maßstab effizienter und verfügen über eine etablierte Infrastruktur).14

          Die Investitionsmöglichkeiten für den nachhaltigen Investor in die Wasserstoffwirtschaft liegt daher im Übergang von der schmutzigen zur sauberen Wasserstoffproduktion. Die weltweite Wasserstoffproduktion beläuft sich derzeit auf etwa 100-125 Millionen Tonnen pro Jahr, wovon etwa 60 Prozent in der Ölraffination (Hydrocracking und Entschwefelung), 30 Prozent in der Ammoniakproduktion (ein wichtiger Bestandteil von Düngemitteln) und etwa 10 Prozent in der Methanolproduktion (ein Ausgangsstoff für Chemikalien) verwendet werden.15 Gegenwärtig wird fast der gesamte Wasserstoff (99 Prozent) aus fossilen Brennstoffen gewonnen – 50 Prozent aus Erdgas, 20 Prozent aus Kohle, 22 Prozent aus Öl und nur etwa 1 Prozent durch Elektrolyse mit sauberem Strom.16

          Nur eine begrenzte Anzahl von Unternehmen produziert diesen Wasserstoff. Denkt man nach grundlegenden Prinzipien, kommt man zum Schluss, dass die etablierten Unternehmen Wettbewerbs-, Technologie-, Wirtschafts- und Reputationsvorteile gegenüber den zahlreichen, eng fokussierten Neugründungen haben, die einen harten Kampf führen müssen, um überhaupt Marktanteile zu gewinnen.

          Unterm Strich

          Unser pragmatischer Ansatz für nachhaltiges Investieren, wie er im Rize Environmental Impact 100 UCITS ETF und im Rize USA Environmental Impact UCITS ETF verkörpert ist, stellt sicher, dass unser Anlageportfolio gegen nicht realisierbare Umwelttechnologien abgesichert ist. So wird beispielsweise das Risiko eines Engagements in unprofitablen, spekulativen Unternehmen der Wasserstoffwirtschaft gemindert, die schnell irrelevant werden können, wenn sich alternative Lösungen, wie Elektrifizierung oder Biobrennstoffe, als wirtschaftlicher erweisen. Indem wir uns auf Unternehmen konzentrieren, die die etablierten Unternehmen der Wasserstoffindustrie bei der Dekarbonisierung ihrer derzeitigen Produktion unterstützen, ermöglichen wir es den Anlegern, das Thema Wasserstoffwirtschaft (und die damit einhergehenden großzügigen Subventionen) zu nutzen, ohne sich übermäßig in spekulativen Technologien zu engagieren, die sich (zumindest in naher Zukunft) wahrscheinlich nicht durchsetzen werden.

          Dieses Feature stammt von Sustainable Market Strategies. ARK Invest International Ltd gibt keinerlei Zusicherungen oder Gewährleistungen, weder ausdrücklich noch stillschweigend, hinsichtlich der Vollständigkeit, Genauigkeit, Zuverlässigkeit oder Eignung der in diesem Artikel enthaltenen Informationen.

          References

          1

          Financial Times, “Joe Biden’s flagship hydrogen project faces growing opposition”, June 2024. Available at: https://www.ft.com/content/bcc3ed71-4f67-4fb1-956b-6fa8d7c9b8d5

          2

          Sustainable Bus, “In Wiesbaden plans for transition to e-buses face cuts in budget (and H2 buses were decommissioned)”, February 2024. Available at: https://www.sustainable-bus.com/news/wiesbaden-decommission-electric-buses/

          3

          Hydrogen Insight, “Completion of Europe’s joint-largest green hydrogen project delayed due to ‘quality issue’ in Nel-supplied equipment”, March 2024. Available at: https://www.hydrogeninsight.com/production/completion-of-europe-s-joint-largest-green-hydrogen-project-delayed-due-to-quality-issue-in-nel-supplied-equipment/2-1-1606462?zephr_sso_ott=XGdcFN

          4

          Hydrogen Insight, “This Shell-backed project to ship vast volumes of liquid green hydrogen from Portugal to the Netherlands has been scrapped”, April 2024. Available at: https://www.hydrogeninsight.com/production/exclusive-this-shell-backed-project-to-ship-vast-volumes-of-liquid-green-hydrogen-from-portugal-to-the-netherlands-has-been-scrapped/2-1-1621919

          5

          The Telegraph, “‘Hydrogen town’ plan cancelled after protests over forced switch from natural gas”, May 2024. Available at: https://www.telegraph.co.uk/business/2024/05/09/hydrogen-town-cancelled-protests-forced-switch-natural-gas/

          6

          Energy News Network, “Burgeoning hydrogen industry draws $41 million in federal lobbying from fossil fuel companies”, December 2023. Available at: https://energynews.us/2023/12/12/burgeoning-hydrogen-industry-draws-41-million-in-federal-lobbying-from-fossil-fuel-companies/

          7

          Ernst & Young, “The Inflation Reduction Act, 2022 — a step change for the hydrogen market”, December 2024. Available at: chrome-extension://efaidnbmnnnibpcajpcglclefindmkaj/https://assets.ey.com/content/dam/ey-sites/ey-com/en_in/topics/energy-resources/2023/ey-the-inflation-reduction-act-2022.pdf

          8

          Ibid.

          9

          LobbyFacts, “Hydrogen lobby spends over €75 million a year driving the EU hydrogen hype”, October 2023. Available at: https://corporateeurope.org/en/2023/10/hydrogen-lobby-spends-over-eu75-million-year-driving-eu-hydrogen-hype

          10

          Flux Power, “Hydrogen Fuel Cell Efficiency: How Does it Compare to Lithium-ion?”, September 2021. Available at: https://www.fluxpower.com/blog/hydrogen-fuel-cell-efficiency-how-does-it-compare-to-lithium-ion

          11

          Ibid.

          12

          Paul Martin, “Distilled Thoughts on Hydrogen”, March 2021. Available at: https://www.linkedin.com/pulse/distilled-thoughts-hydrogen-paul-martin/

          13

          Ibid.

          14

          Ibid.

          15

          International Energy Agency (IEA), “Global Hydrogen Review 2023”, September 2023. Available at: https://www.iea.org/reports/global-hydrogen-review-2023

          16

          Ibid.

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